Review: Der Schwarze Tod

Mit dem letzten Pen&Paper-Abenteuer der Rocketbeans wurden einige neue Konzepte erprobt. In typischer „Late to the party“-Manier ist das ganze natürlich schon eine ganze Weile her, aber ich habe erst jetzt die Zeit gefunden, mir das Abenteuer anzusehen. YouTube sei dank. Wie in bisherigen Reviews bezieht sich dieser Text nur auf das Abenteuer als solches. Die Pre-Show und das gute, alte „Was wäre wenn“ werden dabei ebenso außer Acht gelassen wie die Informationen aus den beiden MoinMoins (mit Hauke und mit Budi und Simon).

Die erste große Neuerung sind die beiden Partner. Im Auftrag von funk (Pressemeldung von funk, Pressemeldung von RBTV) und in Kooperation mit der evangelischen und katholischen Kirche begeben sich die Spieler in das mittelalterliche Hamburg zur Zeit der Pest.

Mit am Tisch saßen diesmal Hauke, als Spielleiter, Budi, Nils, sowie die Gäste Eva und Hanno. Ich muss gestehen, dass ich auf eine skeptische Art sehr gespannt war, wie sich die Gruppendynamik gestalten würde. Good Times Island hat gezeigt, dass Simon, Eddy und Hauke auch als Dreiergespann Stunden voller Unterhaltung liefern können. Können Budi und Nils das auch, und wie würden Eva und Hanno diesen Cocktail ergänzen? Als kleiner Beisatz dazu, ich habe mir keine Sorgen gemacht, dass es nicht funktioniert, sondern die Frage für mich war das „Wie“.

Neben der neuen Besetzung war auch die Kulisse anders. Gespielt wurde diesmal nicht in den heimischen Studios der Rocketbeans, sondern in einem Raum mit Kirchenoptik. Wo genau gedreht wurde, weiß ich leider nicht. Ob es sich wirklich um eine kleine Kirche handelt, bezweifle ich zwar, sicher bin ich mir aber nicht. Im Endeffekt ist es das Ergebnis, auf das es ankommt. Und aus meiner Sicht hat die Kulisse automatisch eine passende Stimmung erzeugt und sich trotzdem dem Spiel untergeordnet.

So wie das Set funktionierte, haben auch die kurzen Einspieler mit dem gesprochenen Wort von Ingo Meß ihren Teil beigetragen. Sowohl der Text, als auch die Bilder waren sehr auf das Wesentliche reduziert und vermittelten eine kühle, bedrückende Stimmung. Außerdem waren sie dezent – in der Vergangenheit wurden schon des Öfteren Versuche damit gemacht, wie viel zusätzliches Material man für die Zuschauer einbringen kann. Manchmal hatte ich dabei das Gefühl, dass gewisse Entscheidungen vom Spielleiter getroffen wurden, um ein bestimmtes Bild oder eine Aufnahme noch einbringen zu können. Diesmal kam es mir freier und entspannter vor, die Szenen wurden eingespielt, wenn es der passende Momente war.

Das Abenteuer wurde schon zu Beginn als Oneshot angekündigt. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass die Kurzabenteuer der Rocketbeans gern eine zweite Session benötigen, um beendet zu werden. Das ist nicht negativ, aber mit der gleichen Erwartungshaltung begann „Der schwarze Tod“ für mich. Wird sicher nicht heute beendet. Zumindest bis Hauke nach einigen Minuten die Tagesmechanik erklärte – eine wunderbare Idee. Die Gruppe hat für ihre Aufgabe eine feste Anzahl an Tagen frei und jeder Tag dauert ungefähr 50 Minuten. Natürlich ist das auf vielen Ebenen angreifbar – ein Kampf kann am Tisch einige Minuten dauern, doch im Spiel vergehen nur Sekunden. Auf der anderen Seite nimmt ein längerer Fußmarsch im Spiel viel Zeit in Anspruch, kann außerhalb aber mit drei Sätzen abgehandelt werden. Die Idee dahinter ist für mich nicht, dass ein kompletter Tag nachvollziehbar abgebildet wird, sondern dass der Handlungsfreiraum der Spieler auf zeitlicher Ebene beschränkt ist. Und gerade für eine Live-Show finde ich die Idee wunderbar!

Im Trailer und der einleitenden Erzählung von Hauke wurde mir ein recht düsteres und dunkles Setting suggeriert. Die Atmosphäre am Tisch war aus meiner Sicht aber das komplette Gegenteil, es wurde gescherzt und gelacht und manche Situation mit einem Augenzwinkern betrachtet. Dabei hat die Harmonie aber gestimmt, es wirkte nicht so, als würden die Spieler das ganze ins Lächerliche ziehen. Mit kleinen Ausnahmen, so mancher Wortwitz hat bei mir wieder Gänsehaut ausgelöst. Und es gab eine Menge Wortspiele.


Manche gingen unter, andere waren rattenscharf. Nein, sie waren wirklich gut. Das Zitat des Abends war für mich aber kein Witz, sondern folgender Satz von Hanno: „Mich peitscht der Ekel„. Der Ausspruch geht mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf und schreit förmlich danach, demnächst in einem netten Gespräch jemandem an den Kopf geworfen zu werden.

Wenn wir uns schon Sachen an den Kopf werfen: die Geschichte hat mich diesmal nicht so mitgerissen. Es fehlte mir an spannenden Höhepunkten, dramatischen Momenten. Im gleichen Atemzug muss ich lobend anerkennen, dass alles schlüssig wirkte. Letzteres würde ich dabei höher anrechnen, denn ob eine Geschichte dramatisch wird, hängt nicht zuletzt von den Entscheidungen der Spieler ab – die natürlich nicht wissen, welcher Pfad zu mehr Dramatik führt. Ein schwieriges Thema. Es blieb nicht unversucht, mit der wütenden Dorfmeute und dem Angriff der Pestratten fallen mir sofort zwei Momente ein, die das Potential hatten. Beide Situationen wurden von den Spielern „entschärft“. Es fällt mir schwer, hier klare Punkte zu negativ und positiv zu rechnen, ohne im gleichen Moment anzumerken, warum das doch nicht so schlecht oder so gut war. Ich war auch überrascht, dass die finale Auflösung der Suche so glaubhaft blieb. Der Pestdoktor war nicht der schuldige des Unheils, auch wenn er moralisch fragwürdig vorging. Es passte zum Setting. In D&D wäre sicherlich irgendwo ein Lich, der seine untoten Finger im Spiel hat. Doch vergessen wir den Licht, dass ich das Abenteuer bis zum Ende interessiert mitverfolgt habe, ist aus meiner Sicht eine klare Beurteilung.

Um die „Entschärfung“ von Situationen noch einmal aufzugreifen, die Qualität des Rollenspiels war für mich auf einem hohen Level. Man merkt Budi und Nils sehr deutlich an, dass sie inzwischen schon einige Runden und auch verschiedene Charaktere hinter sich haben. Bei Hanno und Eva kann ich natürlich keinen Vergleich ziehen, weil ich sie zum ersten Mal gesehen habe. Beide haben sich aber gut in die Gruppe gefügt. Hanno stach dabei hervor, da er sehr oft das Wort ergriff und versuchte, die Gruppe in seinem Sinne voranzubringen. Dabei trat Eva gefühlt leider etwas in den Hintergrund, auch wenn ihr Anteil gar nicht so gering war. Sie hat sich oft in das Spiel eingebracht, hätte neben den drei Jungs aber noch mehr Gas geben müssen. Und ob das dann nicht negativ aufgefallen wäre, kann ich nur vermuten. Insgesamt hat die Gruppe harmoniert und wirkte schon nach einigen Minuten eingespielt und hatten Spaß, als wäre es nicht ihr erstes gemeinsames Abenteuer. Und wenn das kein Erfolg ist, dann weiß ich auch nicht.


Mein Abschlusswort ist eindeutig – „Der schwarze Tod“ hat Spaß gemacht. Verglichen mit den anderen Abenteuern belegt er zwar „nur“ eine mittlere Platzierung, hat aber viel richtig gemacht. Bezieht man noch ein, dass es im Vorfeld große Sorgen gab, ob Pen&Paper mit Sponsoren und Gastspielern funktionieren kann, ist dieses „Experiment“ ein voller Erfolg gewesen. Dafür gibt es 5/7 Plagepunkten.
Und wem das noch nicht genug war, der darf sich direkt auf das nächste Abenteuer freuen: schon am 9.Februar tauchen Simon, Budi, Nils, Eddy und Hauke wieder in die Welt von Morriton Manor ein und vergnügen sich im alten London.

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