Make DSA-Fighting Great Again

Make DSA-Fighting Great Again

“Vor dir steht Helmtrott, der Baron, dem du für den Mord an deiner Schwester bereits seit Jahren den Tod wünschst. Als er dich sieht, zieht er ohne zu zögern sein Schwert und greift dich an. Nur knapp verfehlt er dich. Was willst du tun?” “Ich greife ihn mit meinem Schwert an!” “Dann brauche ich einen Angriffswurf von dir.” “Ok ich habe einen Angriffswert von 16 mit dem Schwert… 2, so muss das sein!” “Alles klar, du triffst, aber er kann ja noch parieren… eine 9. Eine 9 und der Baron hat einen Paradewert von 10, also… er kann deinen Schwertstich leider abwehren.”

Die Situation kommt euch bekannt vor? Hier stimmen so einige Dinge nicht - zumindest für mich nich. Fangen wir mit dem offensichtlichen an. Mein Bauchgefühl sagt mir ganz eindeutig, dass der Held den Baron treffen sollte, wenn er ein so gutes Würfelergebnis hinlegt. Oder anders gesagt - der Paradewert des Barons sollte nicht völlig unabhängig vom Ergebnis des Helden sein. Ist er aber in DSA5. So weit ich die Regeln verstanden habe. Aber auch wenn ich hier mal wieder etwas verwurschtelt haben sollte, bringt mich das zu dem Punkt der mich persönlich viel mehr stört - der Kampf ist träge. Oder mit den Worten von Alex Spohr:

Einer der Gründe, warum ein Kampf bei DSA lange dauert, ist die Möglichkeit einer aktiven Parade. Gelingt eine Attacke, bedeutet das nicht automatisch einen erfolgreichen Angriff, der Gegner (oder Held) hat in der Regel noch die Möglichkeit, durch eine Reaktion wie eine Parade dem Angriff zu entgehen.

Kämpfen in Das Schwarze Auge macht mir persönlich nicht sonderlich viel Freude, ganz im Gegenteil. Ich möchte regelmäßig meinen Würfel zerkauen. Glücklicherweise sind die Dinger stabil und so bleibt es bisher immer bei dem Wunsch. Aber das ändert nichts daran, dass Kämpfe nicht so spannend sind, wie sie vielleicht sein könnten, sondern eher eine Frustrationsprobe. Dieses Gefühl habe ich vor allem, wenn ich selbst als Spieler aktiv bin, wie in Raiks Abenteuerreihe Die Boten des Zorns. Ich habe viel mehr Spaß an der Geschichte drumherum, als an den Kämpfen. Natürlich ist es in Ordnung zu sagen, dass ich dann zusehen muss, dass wir Kämpfe vermeiden. Aus meiner Sicht ist es aber ein großer Unterschied, ob ich versuche einen Kampf zu vermeiden, weil ich die Möglichkeit klasse finde es ohne Gewalt zu lösen - oder ob ich den Kampf meide, stets den Hintergedanken im Kopf: “Oh Gott, bitte kein Kampf.” Das letztere Beispiel sehe ich eher als Beschränkung meiner Möglichkeiten und gerade Rollenspiele sollten in dieser Hinsicht doch Tür und Tor offen halten. Und wenn ich mir schon einen verwegenen Priester baue, der kampftauglich sein soll, dann darf der Kampf auch Spaß machen. Einen schönen Artikel zu diesem Thema mitsamt einer sehr aufschlussreichen Tabelle der Trefferwahrscheinlichkeiten hat Arkanil verfasst, ich kann euch einen Blick nur ans Herz legen.

Also, genug lamentiert. Schwachstellen finden und ausbessern ist das Motto - Make Fighting Great Again! Sehen wir uns also ein paar Ideen an und werten aus, was die Vor- und Nachteile sind. Ihr seid natürlich herzlich eingeladen mir eure Meinung mitzuteilen, Kritik zu äußern oder neue Vorschläge zu bringen. Vielleicht habt ihr ja die zündende Idee, die in Zukunft verhindern wird, dass jede kleine Konfrontation eine Stunde in Anspruch nimmt. Ein kurzer Hinweis: Mir ist bewusst, dass das Regelsystem komplexer ist als hier dargestellt.

Auswertung der Differenz

Hier bleiben wir relativ eng am alten System, beziehen aber die Unterschiede der Würfelergebnisse mit ein. Für den Angriff zählt nun nicht mehr, ob der Held unter seinem Angriffswert (nehmen wir 16 an) geblieben ist, sondern wie viele Punkte er unter diesem Wert ist. Im obigen Beispiel also 14 Punkte. Ebenso zählt der Parierende seine verbleibende Punktzahl, im Beispiel 10-9 = 1. Anschließend werden beide Zahlen verglichen und die größere gewinnt. Damit hätte der Held den Baron getroffen. Während diese Regel keine Zeit spart, sondern es eher noch etwas umständlicher macht, finde ich es trotzdem fairer. Wenn man also so nah wie möglich bei den originalen Regeln bleiben will, aber diese Ungerechtigkeit nicht ertragen kann, ist einem hiermit vermutlich ganz gut geholfen. Es muss aber angemerkt werden, dass die Attackewerte regelbedingt (meist) höher sind als die Paradewerte. Das ganze System wird also dazu tendieren, dass der Angreifer spürbar häufiger trifft.

Würfe für NPCs komplett streichen

Eine Idee von Nick-Nack, die ich ganz charmant finde, ist das komplette Streichen der Parade- und Angriffswürfe für NPCs: https://www.reddit.com/r/DSA_RPG/comments/5jylaf/herr_der_nacht_lets_play_dsa/dbnknuw/ Mein größter Kritikpunkt am bisherigen System, die verwendete Zeit, wird hier auf jeden Fall beachtet. Allerdings kommt ein Streichen der Angriffswürfe ja einer 100%-Trefferquote gleich, was bedeutet, dass der NPC immer trifft, wenn der Spieler nicht parieren kann. Dies ist der Fall, wenn mehrere Gegner gleichzeitig angreifen, es wäre unsinnig, dem Helden die Chance zu geben einen jeden abzuwehren. Es sei denn, mit jedem Folgeangriff wird die Parade erschwert. Ich gebe zu, je mehr ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir die Idee. Der Aufwand für den Meister steigt ein wenig, dann statt einem NPC Angriffswerte zu geben, sollte er nun einen Wert erhalten, der angibt, um wie viel die Probe für den Helden erschwert oder erleichtert wird - sonst macht es keinen Unterschied, ob er gegen Bernd den ungeschickten Bauern kämpft oder gegen Ludwig van Schlachthausen. Beide würden immer treffen und der Held hätte nur seine Parade, obwohl ihre Charaktere völlig unterschiedlich für den Kampf geeignet sind. Hier kann der geschickte Meister durch Verteilen von Erschwernissen und Erleichterungen Abhilfe schaffen. Von dieser Überlegung ist es nur noch ein kleiner Schritt zu sagen, dass aktive Paraden komplett gestrichen werden und es nur noch Angriffswürfe gibt, wie die nächste Idee zeigt.

Umwandlung des Paradewerts in einen passiven Wert

Orientiert am Dungeons&Dragons-System, welches einen Rüstungswert für die Ermittlung eines Treffers benutzt, kann der Paradewert in einen ähnlichen Wert umgewandelt werden. Dafür werden sowohl Paradewert, als auch Angriffswert umgerechnet:

Attacke = (Attackenwert - 12) / 2, abgerundet
Parade = (Paradewert - 6) / 2, abgerundet

Um einen Angriff auszuführen, wird wie bisher verfahren - allerdings gegen den Wert (10 - Parade + Attacke). Zu Beginn ist das etwas mehr Rechenaufwand, ändert sich dann aber nicht mehr, so lange sich die Charakterwerte nicht ändern. Bleiben wir also beim oben angeführten Beispiel:

Der Held hat einen Angriffswert von 16, also ist die Attacke = (16 - 12) / 2 = 2. Der Paradewert des Barons war 10, womit wir auf Parade = (10 - 6)/2 = 2 kommen. Das bedeutet, dass der Held weniger als (10 - 2 + 2) = 10 würfeln muss. Er hat also eine Chance von 50% seinen Gegner zu treffen. Da der Paradewert im aktuellen System direkt mit dem Angriffswert zusammenhängt, kann man bei der Paarung von 16 zu 10 davon ausgehen, dass beide Charaktere ungefähr ebenbürtig sind - dann ist jeder zweite Schlag als Treffer angebracht. Wie genau sich die Wahrscheinlichkeiten für verschiedene Paarungen verhalten, habe ich in der folgenden Tabelle, die sich stark am Beispiel von Arkanil orientiert, eingetragen:

In grün markiert sind die Paarungen, die ungefähr gleich stark sind. Gegenüber den bisherigen Regeln fällt auf, wenn man mit Arkanils Tabelle vergleicht, dass die Wahrscheinlichkeiten insgesamt etwas höher liegen. Im Mittel haben wir aber gut angenähert, ohne die Formel übermäßig kompliziert zu machen. Und es gibt keine aktive Parade mehr, trotzdem fließt der Paradewert in die Ermittlung eines Treffers ein. Wem das zu viele Treffer sind, oder zu wenige, der kann an der Attacke-Formel drehen - wird die 12 erhöht, werden Angriffe unwahrscheinlicher, wird sie gesenkt, treffen Angreifer öfter. Man muss dabei natürlich vor Augen haben, dass dies für beide Seiten gilt - nicht nur die Helden treffen in diesem System häufiger. Aus diesem Grund halte ich es für eine sinnvolle Alternative. Erleichterungen oder Erschwernisse durch den Spielleiter müssen an dieses neue System angepasst werden, indem sie direkt in den Angriffswurf einfließen. Der Abwehrende ist in Verteidigungshaltung? Dann wird seine Paradeprobe nicht leichter, denn die gibt es ja nicht mehr, sondern der Angriffswurf erschwert. Dabei sollten die bisher in den Regeln verwendeten Modifikatoren auch durch 2 geteilt werden, um keine zu großen Änderungen einfließen zu lassen.

Edit: In Bedrängnis geraten

Als Reaktion auf meine Vorschläge hat Settembrini einen weiteren Vorschlag gemacht: Es bleibt bei der aktiven Parade, allerdings soll durch eine sich aufbauende Erschwernis simuliert werden, wie der Abwehrende von einem Angreifer in Bedrängnis gebracht wird, sofern er nicht aktive Gegenmaßnahmen ergreift. Die Idee ist, dass nachfolgende Paraden um die Differenz des Angriffswurfs erschwert werden. Für unser Beispiel heißt das, dass die anschließende Parade des Barons um 14 erschwert ist, da der Held einen ATK-Wert von 16 hat und eine 2 würfelte. Außerdem wird die Option in den Raum geworfen, diese Erschwernis zu streichen, wenn der Baron dafür auf seinen Angriff verzichtet um sich voll auf die nächste Parade zu konzentrieren. Ich gebe zu, dass ich die Idee ebenfalls nicht schlecht finde. Es hat wirklich einen schönen Gedanken, so eine Reihe von Angriffen zu simulieren. Allerdings stellen sich mir auch zwei Punkte in den Weg zu einem “Wow, das ist die Lösung aller Lösungen!”.

  1. Es fließt leider nirgendwo ein, wie gut die Parade des Abwehrenden war. Der Gedanke war ja, dass die Parade im Vergleich zum Angriff recht schlecht war und dies irgendwie einfließen sollte. Wird aber die Parade-Differenz einfach mit der Attacke-Differenz verrechnet, hat der Parierende immer das nachsehen, da der Paradewert in der Regel niedriger ist als der Attackenwert. Also muss eine andere Formel her und schon wächst das ganze zu einem komplizierteren Ungetüm, als es sein müsste.
  2. Es ändert am eigentlich Zeitproblem nichts - weiterhin werden Angriff und Parade gewürfelt.

Trotzdem verdient der Vorschlag hier einen eignen Platz, denn er hat Charme und setzt eine neue Idee um. Welche Regeln ihr am Ende benutzt, hängt immerhin ganz von eurer eigenen Präferenz ab.

Keep Fighting Great

Ich habe euch im Artikel 3 (in der aktualisierten Version 4) Alternativen zum bisherigen Kampfsystem gezeigt. Während meiner Ansicht nach die schnellste und unkomplizierteste Variante der Vorschlag von Nick-Nack ist, halte ich trotzdem die Berechnung von Modifikatoren und komplette Streichung der aktiven Parade für die Alternative, die der ursprünglichen Idee am treusten bleibt. Aber es sind nur 3 Vorschläge - vielleicht spielt ihr ja schon lange mit einer viel besseren Variante? Dann würde es mich freuen, wenn ihr mir schreibt - via team@tripletwenty.net oder hier in den Kommentaren.

Auf dann, ich hoffe der ein oder andere von euch hat hier zumindest eine Inspiration gefunden. Denkt daran, nur gemeinsam können wir Kämpfen wieder geil machen!