Erwartungsdruck beim Pen&Paper
Pen&Paper-Abenteuer bieten die fantastische Möglichkeit in Rollen zu schlüpfen und Geschichten zu erleben. Eine Erfahrung, die deutlich intensiver sein kann als einen Film zu lesen, oder ein Buch zu lesen, da jeder Spieler am Tisch, den Spielleiter eingeschlossen eigene Entscheidungen trifft. Das kann zu spannenden Situationen führen, aber mitunter auch zu Frust, wenn etwas so gar nicht funktionieren will wie gedacht oder – schlimmer noch – die Spieler sich uneins sind.
Eines anderes Problem, welches meiner Erfahrung nach seltener angesprochen wird, ist die Erwartungshaltung.
Kürzlich hat Simon von den RocketBeans das Thema Erwartungshaltung in einer Folge #MoinMoin angeschnitten:
„Ich habe gemerkt, dass es für mich sehr anstrengend ist, mich in dieses Mindset reinzudenken. Es ist enormer Druck, der so auf einen einprasselt, das gut zu machen, irgendwie Roleplay zu bieten und ich fühle mich teilweise im Moment diesem Druck nicht gewachsen, das jetzt so zu machen, wie es scheinbar erfordert ist.“
Vorläufer dieser Aussage war die Pen&Paper-Runde „Good Times Island“ am 22.September, in der Simon und Etienne mit Hauke auftraten. Im Anschluss gab es mehrere Kritikpunkte der Community, unter anderem die als zu kurz empfundene Laufzeit des Abenteuers. Aber auch direkte Kritik am Spielstil von Simon: „Leider merkt man das Simon schlechter im Rollenspiel ist als die anderen drei.“ (Simon hat dazu persönlich Stellung genommen). Die Kritik ist aus meiner Sicht unglücklich formuliert (MrStalk3r schreibt einige Beiträge später, dass er es nicht so hart gemeint hat) und ich will auch nicht diskutieren, wie viel an dieser Aussage dran ist. Viel interessanter finde ich den Aspekt, dass offensichtlich eine gewisse Erwartungshaltung seitens der Zuschauer besteht (die natürlich für jeden anders aussehen kann), wie auch die Kritik zu vergangenen Folgen zeigte. Jeder hat seine eigenen Vorstellungen davon, wie er unterhalten werden möchte, und bei mehreren tausend Zuschauern alle Erwartungen zu erfüllen kann einfach nicht funktionieren.
Natürlich ist Simon ein Fall für sich. Es gibt nur wenige deutsche Rollenspieler, die ähnlich viel Reichweite haben. Ein weiteres Beispiel ist die DSA-Reihe von PietSmietTV. Auch hier wird Kritik an Spielern geäußert:
Es ist völlig normal, dass man versucht, seinen Zuschauern zu gefallen, sie zu unterhalten. Wenn es funktioniert, kann das sehr viel Spaß machen. Wenn aber immer wieder negative Kritik geäußert wird, besonders wenn man als Spieler während der Runde eigentlich sehr viel Spaß hatte, kann das frustrierend sein. Das gilt nicht nur für große Unterhaltungsformate, auch in kleinen Runden kann es Erwartungsdruck geben. Mir persönlich passiert das regelmäßig, wenn ich als Spielleiter aktiv bin – allerdings vor der Runde. Dabei spielt keine Rolle, dass wir unsere Abenteuer aufnehmen, ich mache mir Gedanken, ob ich die Spieler unterhalte. Kann ich Interesse für meine Geschichte erwecken? Werden die Wendungen auch so überraschend, wie ich sie mir vorstelle? Kann ich die Stimmung überhaupt transportieren?
Ähnlich war es, wenn ich mal als Spieler aktiv war. Ich habe oft recht genaue Vorstellungen von meinem Charakter und bin schnell frustriert, wenn nichts funktionieren will. Meist ist das meinen miserablen Würfelwürfen geschuldet. Besonders DSA ist mir in dieser Hinsicht ein Dorn im Auge, da ich selten das Gefühl habe, dass etwas so klappt, wie ich es mir vorstelle (das Fass mache ich diesmal aber nicht weiter auf). Am Ende der Runde bin ich dann enttäuscht von meinem Charakter, was schade ist, weil ich es ja selbst in der Hand habe es besser zu machen. Oder zumindest anders. Ich kann mir ebenso vorstellen, dass es als Spieler den Spaß mindern kann, wenn die Mitspieler gewisse Erwartungen an den Charakter und vor allem die Spielweise haben und diese nicht erfüllt werden. Vielleicht, weil verschiedene Vorstellungen aufeinander treffen, wie viel Witz und Offtopic am Tisch erlaubt ist.
So unterschiedlich die Ursachen für diesen Druck also auch sein können, so schwer lässt sich eine „Lösung“ formulieren. Wenn es wirklich generell sein soll, hilft nur „Get over it“, was nicht wirklich hilft. In Simons Fall empfehle ich, eine private Runde zu spielen. Ohne Kameras, ohne Mikrofone, in der er einen Charakter völlig frei von Erwartungen spielen kann – einfach so, wie die Laune es gerade will. Vielleicht entdeckt er so wieder die Liebe zum Spiel wieder, ohne sich direkt Kritik aussetzen zu müssen. Denn auch wenn Lob schön ist, Gemecker nagt auf Dauer leider doch mehr am Gemüt. Persönlich wünsche ich es mir, da ich von seinen Darstellungen bisher immer sehr gut unterhalten wurde.
Für mich selbst versuche ich auch, es besser zu machen. Ich versuche meinen Charakteren ein anderes Wesen zu geben, denn was ich selbst cool finde scheint nicht der Charakter zu sein, den ich spielen sollte. Zumindest hatte ich in unserer letzten Runde Titansgrave das Gefühl, dass es so besser funktioniert.
Wie seht ihr das? Habt ihr schonmal das Geühl gehabt, dass beim Spielen Erwartungen an euch als Spielmeister oder als Spieler gestellt werden? Konntet ihr diese erfüllen und war das ein Klacks oder eher eine Erfahrung, auf die ihr in Zukunft auch gern verzichten könnt?